Hinter den Kulissen: «Jingle Bern» im Casino Bern

Wie fühlt sich eine Regisseurin bei der Generalprobe? Ist auf der Bühne sichtbar, wie gut das Essen backstage schmeckt? Wir haben mit Nadine Imboden, Florian Gurtner und Nik Leuenberger über akribische Planung, Teamspirit, plötzlich aufkommende Selbstzweifel und Gänsehautmomente gesprochen. Wieso bei einer Dinner-Show jeder Tropfen auf dem Tellerrand einer zu viel ist und was Jingle Bern so besonders macht, verraten die drei im Interview.

Welches ist deine Rolle bei «Jingle Bern»?

Nadine: Ich bin das dritte Mal bei Jingle Bern dabei. Als Regisseurin kümmere ich mich um Konzept und Inszenierung. Ich stelle die verschiedenen Auftritte zusammen, caste und buche die Künstler:innen und setze die Dinner-Show choreographisch und inszenatorisch auf der Bühne um.

Florian: Ich bin seit der Neueröffnung nach der Renovation im Casino Bern-Team. Mittlerweile steuere ich als Küchenchef im Eventbereich die küchentechnischen Abläufe und Kochprozesse – unter anderem für Jingle Bern.

Nik: Ich leite seit kurz vor der Neueröffnung im Jahr 2019 den Bereich Kultur im Casino Bern. Ich habe das Konzept Jingle Bern mitentwickelt als es darum ging, das Haus neu zu bespielen und Synergien zwischen Gastronomie und Kultur zu nutzen. Vorher wurden die Anlässe von externen Veranstalter:innen organisiert, heute sind es viele hauseigene Produktionen wie Jingle Bern.

Für jemanden, der:die noch nie von «Jingle Bern» gehört hat – was ist das für ein Event?

Nik: Es ist eine Kombination von musikalischen, akrobatischen, illusorischen und kulinarischen Darbietungen und damit der perfekte Weihnachts-Event für Firmenkunden. Wieso? Sie bieten ihren Kund:innen oder Mitarbeiter:innen ein unvergessliches Erlebnis für alle Sinne. Für die Augen, für die Ohren und mit dem feinen Essen eben auch für den Magen und das Gemüt. 

Nadine: Beim Thema Essen muss ich einhaken: Das Essen ist nicht nur für das Publikum von Jingle Bern hervorragend, sondern auch für die Crew Backstage. Jedes Jahr erhalte ich von Künstler:innen das Feedback, dass das Essen bei Jingle Bern das Beste sei, dass sie je Backstage geniessen durften – und ich finde das übrigens auch. Das Küchenteam im Casino kocht mit Herzblut – und das hat einen direkten Einfluss auf die Qualität der Bühnenshow. Ein grosses Kompliment an dich und dein Team, Florian. Es ist unglaublich, was ihr da leistet.

Florian: Danke, Nadine. Es ist schon eine ziemliche Herausforderung. Wir kochen auf einem sehr hohen Niveau und die Teller bestehen trotz Personenzahl aus vielen verschiedenen Komponenten - da machen wir keine Abstriche.

«Jingle Bern» Die Hauptstadt-Dinner-Show

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  • Tipp

    Es kann auch ein exklusiver Jingle Bern-Abend von einer Firma gebucht werden.

Wieso «Jingle Bern» und keine andere Dinner-Show?

Nadine: Wir heben uns zum Beispiel musikalisch ab. Wir bieten einen einzigartigen Stilmix zwischen klassischer und moderner Musik. Genau wie das Haus, in dem Jingle Bern stattfindet. Es ist ein altes, klassisches Haus mit modernstem Standard. Die Atmosphäre im grossen Saal ist atemberaubend und durch die hohe Decke haben wir viel «Luftraum» für akrobatische Darbietungen - die bringen oft einen Poesiemoment hinein. Ein Konzept wie Jingle Bern gibt es sonst in solch klassischen Häusern nicht. Dies generiert einen Wiedererkennungswert.

Welches sind die grössten Herausforderungen bei «Jingle Bern»?

Nik: Eine grosse Herausforderung ist es, die Vielfalt und den damit verbundenen Wert dieses Events in der Kommunikation aufzuzeigen. Für CHF 198.- pro Person bekommt man bei uns nicht nur einzigartige Unterhaltung, sondern auch ein exquisites 4-Gang-Menü. Viele denken, dass es nur um Entertainment geht. Der Fokus liegt aber genauso auf dem Essen.

Wir schreiben Mai 2023 in unsere Agendas. Eigentlich viel zu früh, um an Weihnachten zu denken – was liegt jetzt gerade konkret auf deinem Pult, Nadine?

Nadine: Wir sind gerade im Booking-Prozess. Welche Künstler:innen buchen wir? Welche Nummern passen zusammen? In welcher Reihenfolge? In welche Richtung gehen wir musikalisch? Wir sind bereits eher knapp dran. Die Künstler:innen machen ja auch ihre Jahresplanungen.

Florian, bist du auch schon mit «Jingle Bern» beschäftigt?

Florian: Nein, um die Detailplanung anzugehen wäre es für uns zu früh. Das Einzige, was jetzt schon steht ist die Struktur des Menüs. Das heisst: Welche Komponenten sind umsetzbar? Wir wollen ein 4-Gang-Menü kreieren, welches wir schlussendlich auch im Handling umsetzen können. Vieles fällt weg, da es nicht machbar wäre. Das definitive Menü wird im Sommer unter Berücksichtigung der Eventkarte, die wir sonst schon im Haus haben, geschrieben. So können wir einen Grundstock produzieren und arbeiten dadurch effizienter und nachhaltiger. Wir versuchen nicht nur für uns als Event-Team zu denken, sondern auch das Restaurant in die Planung mit einzubeziehen. Nehmen wir eine Suppe als Beispiel – wir können im Eventbereich wie auch im Restaurant dieselbe produzieren und so eine gleichbleibend hohe Qualität abliefern.

Nik: Darf ich mich kurz einbringen, Florian. Ich muss schon sagen, dass wir jeweils froh sind, wenn wir im Sommer das Menü haben. Wenn wir «nur» das Programm vorstellen können, sagt das den Leuten weniger als eine Menükarte. Beim Essen reden wir alle dieselbe Sprache. Somit ist das Menü auch ein wichtiges Element im Sales-Prozess.

  • Tipp

    Florian und sein Team haben das Menü bereits zusammengestellt. Es ist auf der Website des Casino Bern unter «Jingle Bern» abrufbar. Eines sei verraten: Es wird lecker!

Unternehmt ihr auch abseits der Bühne oder des Backstagebereichs etwas zusammen?

Nik: Es ist ein wichtiger Teil der Show, dass das Organisations-Team und die Künstler:innen gemeinsam feiern, was sie auf die Beine gestellt haben. Seit dem ersten Durchführungsjahr feiern wir den gemeinsamen Erfolg an einem grossen Abschlussfest mit der ganzen Besatzung. Künstler:innen, Techniker:innen, Service- und Küchenpersonal – einfach alle, die an Jingle Bern beteiligt sind. Das schweisst ungemein zusammen. Ausserdem nutzen wir die Gelegenheit jedes Jahr, den Künstler:innen unsere schöne Stadt zu zeigen. Wir waren schon im Bundeshaus, auf Stadtführung und ausserdem gebe ich Tipps, wo sie in die Physio können, wo Shoppen, Essen… Viele sind erstaunt, wie schön Bern ist. Da werden wir dieses Jahr mit dem Bern Convention Bureau zusammenspannen, das in Bern bestens vernetzt ist und wertvolle Tipps liefert.

Hinter den Kulissen

  • Fun Fact

    Bis 2017 gab es in den Toiletten vor dem Grossen Saal kein Warmwasser. Mit der Sanierung wurde die Technik auf den neusten Stand gebracht: Neu wird das Haus mit Fernwärme statt Gasheizung beheizt.

Nadine, du bist ursprünglich Walliserin – Bern wird nachgesagt, dass es eher ein ruhiges Pflaster ist. Wie siehst du das?

Ich habe viele Samstage in meinem Leben in Bern verbracht. Die Walliser:innen gehen am Samstagnachmittag nach «Bäru» (Walliserdeutsch für Bern). (alle lachen) Bern erinnert mich an meine Jugend und ist einfach heimelig. Hat aber auch viel mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick denkt. Ich bin stolz, dass ich hier in Bern in diesem schönen Haus arbeiten darf. Ich arbeite gerne mit Berner:innen zusammen. Sie sind sympathisch, bodenständig, herzlich und gemütlich – geben aber eben trotzdem Gas und sind mit vollem Herzblut dabei.

Hat jede Ausgabe von Jingle Bern ein bestimmtes Motto?

Nadine: Wir kommunizieren kein Motto. Jingle Bern ist Jingle Bern. Allerdings ist es vor Allem für mich wichtig, einen roten Faden drin zu haben. Wir wollen eine Geschichte erzählen. Bisher gab es auch jedes Jahr ein Element, welches sich durch die gesamte Show zieht. Letztes Jahr war dies eine Glasbox mit einer Botschaft drin, die das Publikum am Schluss zu hören bekam.

Valeria: Nimmst du das Element dann aber am Schluss doch auch ins Menü auf, Florian?

Nadine: Ich integriere das Küchenteam auch gerne in die Show und in manchen Szenen spielen sie auch mit. Aber eigentlich hat das Küchenteam halt absolut keine Zeit für solche Sachen. Ich versuche es aber immer wieder…

Florian: …Ja, auf gewisse Sachen können wir eingehen, wir richten aber das Menü nicht danach aus. Schlussendlich muss es für uns machbar sein vom Produzieren und Servieren her. Alles andere ist Feinschliff – dies ist aber auch noch lange nicht passiert, wenn wir das Menü geschrieben haben. Dann haben wir erst das Grundkonzept. Wir haben dann Komponenten, mit denen wir spielen können, und da kommt Nadine wieder ins Spiel… (lacht) Aber das Wichtigste ist, dass es gut schmeckt und die Gäste begeistert. Mit der Vorgabe, dass wir eben gleichzeitig auch noch andere Anlässe im Haus haben. Der Restaurantbetrieb geht weiter und nicht selten haben wir gleichzeitig zu Jingle Bern noch ein Bankett im Burgerratssaal. Dies erfordert Koordination und Ressourcen – und ist eben nicht sichtbar. Für uns war es eine riesige Anerkennung, dass wir letztes Jahr auf die Bühne durften. Für die Gäste war das auch imposant, ich denke Vielen wurde erst in diesem Moment bewusst, wie viele Personen an einer solchen Produktion beteiligt sind.

Nik: Wir haben auch schon darüber nachgedacht, den Backstage-Küchenbereich in die Show zu integrieren, den Gästen einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren… Wir möchten zeigen, was hinter der Bühne geleistet wird, weil es ein enorm wichtiger Teil der Show ist. Und es interessiert.

Impressionen von «Jingle Bern» 2022

Florian, wie schaffst du es, dass 250 Gäste gleichzeitig ihr warmes Essen auf dem Tisch haben?

Florian: Es ist ja zum Glück nicht ganz gleichzeitig. Unser Zeitplan ist auf die Minute genau durchgetaktet. 2 Minuten vor Türöffnung erhalten wir vom Anlassleiter ein Zeichen und richten an. Wenn sich die Türen  öffnen, werden die ersten 20 Teller geschickt. Parallel dazu befördert das Fliessband, welches wir extra für die Show hier im Backstage-Bereich aufstellen, im 10-Sekunden-Takt einen Teller. Diese werden dann laufend in den Saal geschickt. Bis alle Teller draussen sind, dauert es ca. 15 – 20 Minuten. Der Laufweg bis zum entferntesten Tisch dauert alleine schon 1.5 Minuten…

Die drei beginnen darüber zu diskutieren, ob sie eigentlich die Tische auch umstellen könnten. Oder es vielleicht einmal mit rechteckigen Tischen versuchen sollten?

Man spürt, dass «Jingle Bern» für euch mit vielen Emotionen verbunden ist. Gibt es einen bestimmten Moment, auf den ihr euch freut? Und wann seid ihr nervös?

Nadine: Das Ding ist, die ganze Vorbereitung passiert im Kopf. Ich arbeite zwar konstant daran, aber ich sehe noch nicht wie’s aussehen wird. Ich habe kein Gefühl dafür – weiss nicht, was die Show mit den Leuten machen wird. Genau deshalb ist die Generalprobe für mich das anstrengendste. Die Ideen in meinem Kopf sind plötzlich sichtbar, greifbar und doch müssen noch so viele Entscheidungen getroffen werden. Das strengt an. Für mich kommt der Gänsehautmoment, wenn der letzte Vorhang bei der Premiere fällt – wenn die Leute ein breites Lachen auf dem Gesicht haben und klatschen. Da fällt mir eine Tonne Gewicht von der Brust.

Nik: Man hört das übrigens jeweils. (lacht)

Nadine: (lacht) Nein, wirklich. Ich bin eigentlich ziemlich selbstsicher. Die ganze Zeit über – bis zur Generalprobe. Da verliere ich den Mut und werde unsicher. Ich denke – oh nein – ist das wohl wirklich gut?

Nik: Ja, es gibt tausend Optionen – sei es mit Licht, mit Ton, mit Ansagen, Eingänge, Ausgänge, Reihenfolgen. Du triffst so viele Entscheidungen in diesen 2 - 3 Probetagen. Das zehrt.

Florian: Mir macht der ganze Anlass unglaublich viel Spass. Es ist spannend, sowas Grosses von Anfang an aufzugleisen, die richtigen Produkte zu bestellen, die Produktion zu planen und schlussendlich die Generalprobe mit den Casino-Mitarbeiter:innen umzusetzen. So können wir das Ganze einmal durchspielen mit dem ganzen Küchen- und Service-Team. Es kommt auf jedes Detail an: Wir schauen darauf, dass bei jeder Durchführung immer dieselben Leute da sind, das jede:r immer den genau gleichen Schritt macht – so können Fehler vermieden werden. Es reicht ein Tropf Sauce auf dem Tellerrand, um den straffen Zeitplan durcheinanderzubringen, weil dann der Teller geputzt werden muss. Mein Moment ist es, wenn ich an der Generalprobe sehe, dass es funktioniert. Das heisst, dass wir die nächsten 5, 6, 7 Tage so richtig durchstarten können. Das ist die anspruchsvollste Zeit. Aber es ist auch die Zeit, in der man als Person am meisten wächst. Ich liebe das.

Nik: Bei mir ist es der Moment, wenn eines der Glöckchen klingelt. Bei uns im Sales-Team haben alle Mitarbeiter:innen ein Glöckchen in der Schublade. Das ist wirklich so. (lacht) Wenn jemand mehr als einen Tisch verkauft für Jingle Bern dann klingelt er:sie. Wenn es klingelt wissen wir – ah – der Saal füllt sich. Und hier sind wir bei einem wichtigen Punkt. Die ganze Arbeit im Vorfeld bringts nicht, wenn der Saal leer ist. Da ist sehr viel Druck und wir sind kein grosses Sales-Team. Deshalb ist jeder «Glockenschlag» für uns ein Magic Moment. Der zweite Moment ist der Tag, an dem alle zusammenkommen. Die Verhandlungen und Vorbereitungen sind vorbei, alle sehen sich zum ersten Mal, lernen sich persönlich kennen und wissen, dass es jetzt losgeht. Ich darf die Künstler:innen in Bern willkommen heissen, Sie haben oft noch tausend Fragen und ich als Gastgeber darf sie unterstützen. Das mache ich unglaublich gerne.