Rim El Memmi, Botschaft von Tunesien

Laut der Ministerin Rim El Memmi spiegelt der Begriff «Coolattitude» den Lebensstil in Bern am besten wider. Der Frauenstreik 2019 hat sie jedoch alles andere als «cool» gelassen, und mit der Aussage «Die Farbe hat mich», bezieht sie sich nicht nur auf Paul Klee, sondern auch auf die verschiedenen Farben der Aare, die sie so faszinieren.

Artikel veröffentlicht im Info-Letter Februar 2022.

Rim El Memmi

Rim El Memmi…

… kommt aus Tunis, der Hauptstadt von Tunesien. Ihre Familie stammt aus dem Berberdorf Tazoghrane auf Cap Bon, im Nordosten Tunesiens.

… ist Ministerin in der tunesischen Botschaft und zuständig für politische und kulturelle Themen, sowie Presseangelegenheiten.

… war vor ihrer Entsendung in die Schweiz stellvertretende Direktorin der Generaldirektion für die Beziehungen zu Europa und der Europäischen Union im Aussenministerium in Tunis.

Ihre grosse Leidenschaft gilt dem Lesen. Gerade hat sie ein sehr schönes Buch der Schweizer Schriftstellerin Elisa Shua Dusapin entdeckt: «Ein Winter in Sokcho». Auch das Wandern zählt zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Der Bantiger scheint ganz nah... bis man mit den Aufstieg beginnt.

Nach einem langen Arbeitstag geht Rim El Memmi gerne dem Ufer der Aare entlang und betrachtet den Fluss mit seinen je nach Wetter und Uhrzeit variierenden Farben.

10 Fragen an Rim El Memmi

Wie sieht Ihr normaler Arbeitstag aus?

Meine Tage sind vollgepackt und abwechslungsreich: Beantwortung von Anfragen der tunesischen Behörden, Einleitung von Schritten bei den Kollegen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten. Manchmal vertrete ich auch den Botschafter, wie kürzlich bei der feierlichen Überbringung der Neujahrsgrüsse des diplomatischen Corps an den Bundespräsidenten der Eidgenossenschaft.

Was schätzen Sie an Bern?

Ich kam in einem Land zur Welt, welches eine 1’300 km lange Meeresküste aufweist. Mit dem Element Wasser bin ich daher stark verbunden und deshalb freut es mich ausserordentlich, dass auch in Bern das Wasser sehr präsent ist: Bern liegt in der Aareschlaufe und manche Gebäude – insbesondere im Matte-Quartier – stehen mit den Füssen, wie in Venedig, im Wasser. Auf dem Bundesplatz schiesst das Wasser in Fontänen aus dem Boden und auch in vielen Brunnen, die über die ganze Stadt verteilt sind, fliesst immer Wasser.

Erzählen Sie uns bitte von Ihrem Lieblingsort in Bern.

Die Uferpromenade liegt sehr nah an meiner Wohnung. Ich bin dort so oft, dass ich sie fast schon als meinen Garten erachte. Kunst und Wandern verbinde ich gerne bei einem Besuch der Stadt Thun, die ein aussergewöhnliches Panorama mit malerischen Alltagsszenen bietet, oder bei einem Besuch der nicht minder grossartigen Abegg-Stiftung.

Was hat Sie bei Ihrer Ankunft in Bern am meisten überrascht?

Das Baden vor städtischer Kulisse. Als ich das erste Mal an der Aare spazieren ging, wusste ich noch nicht, dass man dort auch baden kann. Ich kam gerade aus dem Büro, trug einen Hosenanzug und hochhackige Schuhe und fragte mich, warum die Menschen um mich herum in Badesachen spazieren gingen.

Wie würden Sie das «Berner Lebensgefühl» beschreiben?

Oberstes Gebot ist die «Coolattitude». Bern tritt nicht so steif, versnobt oder gar arrogant auf, wie dies vielleicht in anderen Hauptstädten beobachtet wird.

Gibt es etwas, das Sie an Bern ändern würden?

Ganz ehrlich: Ich würde nichts ändern. Die unschlagbare Lebensqualität, die bemerkenswerte städtebauliche Harmonie und die Nähe zur Natur – Bern ist eine einzigartige Stadt, und diese Einzigartigkeit sollte unbedingt bewahrt werden.

Käse oder Schokolade? Albert Einstein oder Paul Klee? Bär oder Bier? Wandern oder Skifahren?

Paul Klee. Nicht nur aufgrund der Reise von Paul Klee nach Tunesien im April 1914, die seinen künstlerischen Werdegang prägte – immerhin erklärte er bei dieser Reise: Die Farbe hat mich. Sondern auch, um das tolle Museum zu besuchen, das so schön in die umgebende Natur eingebettet ist. Übrigens dokumentiert derzeit die Retrospektive von Gabriele Münter im Zentrum Paul Klee ihre Reise nach Tunesien, was ebenfalls eine Quelle der Inspiration ist.

Welche war eine der wichtigsten Begegnungen während Ihres Aufenthalts in der Schweiz?

Einen unglaublichen Moment erlebte ich in Bern während des Frauenstreiks am 14. Juni 2019, als ich bei der grossartigen Mobilisierung für Frauenrechte und Gleichstellung Zeugin der aussergewöhnlichen Stimmung auf dem Bundesplatz wurde.

Was steht noch auf Ihrer To-Do-Liste?

Die legendären Züge: Der Glacier Express und der Bernina Express, oder aber der altmodische Charme der Eisenbahn von Montreux ins Berner Oberland (GoldenPass Panoramic Line).

Von wem möchten Sie als nächstes etwas erfahren?

Doris Frick, Botschafterin von Liechtenstein.