Marjan Osvald, Weltpostverein

Im Jahr 2021 wurde er zum stellvertretenden Generaldirektor des Weltpostvereins gewählt. Erfahren Sie mehr über die zweitälteste internationale Organisation der Welt und wie Marjan Osvald die Schweiz mit seinem Heimatland auf der Sonnenseite der Alpen vergleicht.

Artikel veröffentlicht im Info-Letter April 2023.

Marjan Osvald ...

... kommt aus Maribor, der zweitgrössten Stadt Sloweniens.

... kam Ende 2021 nach Bern, um am 1. Januar 2022 sein Mandat als Stellvertretender Generaldirektor des Weltpostvereins (Universal Postal Union, UPU) anzutreten.

Marjan Osvald war früher für den internationalen Postbetrieb und internationale Beziehungen bei Pošta Slovenije, dem nationalen Postbetrieb von Slowenien, zuständig. Er besuchte die Stadt Bern zum ersten Mal 1997, um an einem Treffen der UPU teilzunehmen. Seither ist er regelmässig mindestens zweimal im Jahr für einige Tage nach Bern gekommen.

10 Fragen an Marjan Osvald

Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?

Gemeinsam mit dem Generaldirektor der UPU, Herrn Masahiko Metoki, leite ich das Internationale Büro der UPU mit 260 Mitarbeitenden. Im Schnitt ist ein normaler Tag bei mir voll mit Meetings und Besuchen von Menschen aus der ganzen Welt. Es macht mich extrem glücklich und stolz, dass ich helfen und einen Beitrag zur besseren Kommunikation zwischen den Menschen und zur Erleichterung der Warenströme leisten kann.

Auf welche Projekte freuen Sie sich im Moment besonders?

Es gibt momentan eine ganze Reihe von Projekten, die für die UPU von grösster Bedeutung sind. Wenn ich eines wählen müsste, wäre es die Organisation des ausserordentlichen Kongresses des Weltpostvereins, der im Oktober in Saudi-Arabien stattfinden wird. Zu diesem Anlass werden sich über 800 Teilnehmende aus 192 Mitgliedsstaaten versammeln und entscheiden, wie und zu welchem Grad sich die Organisation für weitere Akteure der Branche öffnen wird.

Was hat Sie bei Ihrer Ankunft in Bern am meisten überrascht?

Wir mussten eine ganze Reihe von Formalitäten erledigen, aber am meisten haben uns die Verträge für die Nutzung der Waschmaschine überrascht, ganz zu schweigen von den Verträgen über die Nutzung der gemeinsamen Räume!

Des Weiteren musste ich auch feststellen, dass es eine Kunst ist, den Tag zu bewältigen, wenn man in der Schweiz Vollzeit arbeitet und kleine Kinder hat.

Eine seiner wichtigsten Begegnungen war im Jahr 2022 mit dem damaligen Bundespräsidenten Ignazio Cassis (Foto: Dezember 2022)

Was schätzen Sie an Bern?

Sehr vieles. Auf den ersten Blick scheint das Leben eher langsam, fast langweilig. Doch im Endeffekt ist alles sehr effizient und vor allem perfekt organisiert. Die Zuständigkeiten sind klar definiert. Die Leute scheinen etwas reservierter, doch sie sind sehr freundlich. Die hervorragende Kommunikation der lokalen Behörden mit den Einwohnern ist etwas, was ich sehr bewundere.

Ich reise gerne mit dem Zug und befürworte die "Verbannung" der Autos aus der Stadt. Ich glaube, Bern kann dem Rest der Welt als gutes Beispiel für nachhaltige urbane Mobilität dienen. Gleichzeitig bin ich überrascht, wie Fahrzeuglenker:innen die Strassenverkehrsregeln befolgen, um Fussgänger:innen und Radfahrer:innen zu schützen. Ich fahre oft mit dem Fahrrad und einem extra Kinderanhänger und bin vom Berner Velonetzwerk beeindruckt.

Erzählen Sie uns bitte von Ihrem Lieblingsort in Bern.

Wann immer möglich, gehe ich auf die Terrasse unseres Gebäudes in der Weltpoststrasse 4, von wo wir, wie es heisst, den schönsten Ausblick auf die Berge und das Berner Umland haben. Meine Familie und ich verbringen sehr gerne Zeit auf dem Gurten. Unsere Söhne lieben die Kleineisenbahn und meine Frau und ich geniessen die schönen Ausblicke und die Ruhe dort.

Was ist der Unterschied und/oder die Gemeinsamkeit zwischen Ihrer Kultur und der Kultur in Bern?

Uns verbindet unsere Liebe zur Natur, den Bergen und Flüssen. Im Mai kann man in Slowenien am Vormittag auf den Pisten Ski fahren und am Nachmittag in der Adria schwimmen. Wir haben eine ausgezeichnete Berg-Infrastruktur, das heisst gut markierte Bergpfade und aussergewöhnlich schöne Berghütten. Wir betonen gerne, dass Slowenien «auf der sonnigen Seite der Alpen» liegt.

Beide Nationen sind Skifans. Vreni Schneider zum Beispiel ist in Maribor eine echte Ikone. Nächstes Jahr feiern wir dort das 60-jährige Bestehen des Weltcuprennens im Damenski, auch bekannt als «Goldener Fuchs».

Slowenien ist der Schweiz sehr ähnlich. Vielleicht ist das Leben in meiner Heimat etwas «lauter» und die Leute scheinen mehr Freude zu haben. Slowenien ist bekannt für hervorragende Weine, die Leute trinken eher mehr Wein als hierzulande. Wenn meine Freunde und ich uns in einem Restaurant treffen, «streiten» wir oft, weil immer jemand alle Runden bezahlen will. Kurz gesagt geben wir lieber aus, während die Schweizer lieber sparen.

Was steht noch auf Ihrer «To-Do-Liste»?

Zuerst einmal natürlich die Aare hinunterfahren und ich will in all diesen Schweizer Seen schwimmen. Wenn unsere Söhne älter sind, werden wir die Schweiz an den Wochenenden per Zug erkunden.

Ihr Rat für Neuankömmlinge in Bern?

Nur keinen Druck ausüben, lieber alles mit der Ruhe.

Albert Einstein oder Paul Klee?

Albert Einstein war und ist ohne Zweifel der einflussreichste Physiker aller Zeiten. Interessanterweise wurde er in Deutschland geboren, erlangte in der Schweiz Berühmtheit und starb in den USA. Paul ist in der Schweiz geboren, hat in Deutschland gelebt und ist in der Schweiz gestorben, war aber kein Schweizer Bürger. Als grosser Bauhaus-Fan würde ich mich aber für Paul Klee entscheiden.

Haben Sie versucht, Schweizerdeutsch zu lernen und wenn ja, welches ist Ihr Lieblingswort?

Als Kind habe ich in der Schule zuerst Deutsch gelernt, dann Englisch. Ich liebe die deutsche Sprache sehr, aber wenn ich ehrlich bin, überlasse ich das Schweizerdeutsch meinen beiden Söhnen, die im vergangenen Jahr schon beinahe das Schweizerdeutsch gemeistert haben.

Von wem möchten Sie als nächstes etwas erfahren?

Hissa Alotaiba, Botschafterin der Vereinigten Arabischen Emiraten