Bern-Netzwerk Interview

Cornelia Mainini (Tierpark Bern) und Nico Gurtner (Museum für Kommunikation) sprechen im aktuellen Bern-Netzwerk Interview übers Mauern und Hemmschwellen einreissen, Timingprobleme und andere spannende Facetten der Zusammenarbeit im Bern-Netzwerk.

Cornelia und Nico, ihr zwei lernt euch jetzt gerade persönlich kennen. Eine Zusammenarbeit zwischen dem Tierpark Bern und dem Museum für Kommunikation gab es demnach bisher nicht.

Nico: Ja, das ist so. Erstaunlich eigentlich, da wir ja nicht so weit auseinander sind – themenmässig und auch geografisch.

Cornelia: Auch publikumstechnisch. Mit den Familien und Schulklassen sind wir uns bestimmt sehr ähnlich. Leider sind wir seitens Tierpark Bern in Vergangenheit viel zu wenig aus dem eigenen Haus heraus gegangen. Nun beginnen wir aber unsere Fühler etwas auszustrecken und die Mäuerchen langsam einzureissen. Dabei ist für uns zentral, dass sich die Interessen der Besucher:innen der Partnerinstitution mit denen unserer decken – wir hatten schon Kooperationen, die genau daran gescheitert sind.

Eure Besuchenden haben sehr ähnliche Bedürfnisse und Interessen. Wieso kam es also bisher nicht zu einem Austausch und was bräuchte es für eine Zusammenarbeit?

Nico: Viele sind jeweils sehr mit ihrem eigenen Programm beschäftigt. Da drängen sich zusätzliche Projekte nicht unbedingt auf. Ich nehme an, dass wenn wir uns privat mal über den Weg gelaufen wären, bereits früher etwas hätte entstehen können. Es gibt in Bern so viele Institutionen, mit denen wir nichts zu tun haben und an die wir auch gar nicht zwingend denken. Das macht das Bern-Netzwerk so spannend: Als Bern-Vernetzer kann man sich genau mit solchen austauschen und das nimmt die Hemmschwelle sehr runter. Ohne ein Riesenkonzept für ein mögliches gemeinsames Projekt zu haben, kann ich bei einem anderen Bern-Vernetzer anklopfen und stosse auf offene Ohren. Wenn dann daraus nichts wird, ist das nicht schlimm – es gibt bestimmt ein anderes Mal.

Cornelia: Es hilft auch zu wissen, wie die anderen so «ticken». Ich denke, dadurch dass man in einem solchen Netzwerk unterwegs ist, macht man sich bewusster und auch früher im Projekt Gedanken dazu, ob es in Bern jemanden gibt, der etwas Ähnliches macht und ob sich etwas kombinieren liesse. Ohne Netzwerk mache ich einfach mein Projekt und es kommt mir nicht unbedingt in den Sinn, nach aussen zu gehen. Jetzt wo ihr uns zusammengeführt habt, kann ich feststellen, dass die Bedingungen für eine tolle Zusammenarbeit hier sehr wohl gegeben sind. Jetzt brauchen wir nur noch den Funken für eine zündende Idee.

Nico: Ja unbedingt, denn oftmals bleibt es auf der Ebene von «Wir haben gewisse Gemeinsamkeiten» – darüber hinauszukommen kann herausfordernd sein. Dazu braucht es etwas mehr als nur Gemeinsamkeiten. Es braucht eine konkrete Idee, bei welcher der Funken wirklich auf beiden Seiten springt.

Angenommen ihr schaut euch eure Planungen gemeinsam an: Wäre es denkbar, dass ihr aufgrund eines Themas eines anderen selbst ein passendes Angebot dazu macht?

Nico: Ja, auf jeden Fall. Wir haben jährlich einen neuen Themenschwerpunkt mit einer neuen Wechselausstellung. Das heisst, es gibt immer wieder neue Anknüpfungspunkte. Ich denke, dass wir mit dem Thema Ökologie bereits Ende Jahr ein Thema bespielen, bei welchem sehr naheliegend ist, dass wir gemeinsam etwas machen.

Cornelia: Dem schliesse ich mich an. Als Weiterentwicklung von «Mehr Platz für weniger Tiere» legen wir nun den Fokus auf Aufwertungsmassnahmen in und zwischen den Anlagen. Das bedeutet, dass wir mehr Biodiversität für die regionale und lokale Flora und Fauna schaffen. In diesem Zusammenhang haben wir ein «Käferprojekt» gestartet, bei dem wir in Bern selten gewordene Käfer züchten, später auf dem Areal des Tierparks ansiedeln und unsere Besucher:innen so auf deren Bedürfnisse sensibilisieren. Dies hat sehr viel mit Ökologie und Ökosystemen zu tun – da könnte ich mir durchaus etwas Gemeinsames vorstellen. Je nach der Ausarbeitung eurer Ausstellung natürlich, sei dies Kommunikation zwischen Käfern, zwischen Käfer und Mensch, zwischen Menschen über Käfer oder einfach Kommunikation in einem Ökosystem.

Wir retten die Welt nicht von Bern aus, aber wenn wir gemeinsam etwas machen, haben wir viel mehr Chancen, einen guten Beitrag zu leisten, der auch nachhaltig ist.

Cornelia Mainini

Nico: Ja, das klingt spannend. Die Herausforderung bei solchen gemeinsamen Projekten ist oftmals die unterschiedliche Laufzeit. Wir starten jeweils zwei Jahre im Voraus mit der Planung und dann entsteht die Ausstellung nach und nach. Wenn wir damit an die Öffentlichkeit gehen, steht eigentlich alles schon fest. Es ist oftmals schwierig, den richtigen Zeitpunkt für Kooperationen zu finden, bei dem man das Thema festlegt und gleichzeitig dazu beim Partner eine Angebotsidee entsteht. Da wir bei unserer «Planetopia»-Ausstellung etwas anders vorgehen – bevor die Ausstellung eröffnet, sind wir unterwegs und machen PopUp-Geschichten, um aus unserer Museums-Bubble auszubrechen und Personen anzusprechen, welche nicht unsere typischen Besucher:innnen sind und die Ergebnisse daraus in unsere Ausstellung einfliessen lassen – haben wir zu diesem Zeitpunkt noch etwas Gestaltungsfreiraum. Das ist super, denn sonst kommt es häufig vor, dass beide zwar irgendwann einmal beim gleichen Thema sind, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Was ihr jetzt ansprecht ist vor allem die Gestaltung eines neuen Angebotes. Wie sieht es denn aus, wenn es um die gemeinsame Kommunikation oder die Steigerung der Sichtbarkeit geht?

Cornelia: Als aktuelles Beispiel hierzu kann ich den Satelliten nennen, den wir momentan von der Ausstellung Queer aus dem Naturhistorischen Museum Bern bei uns im Dählhölzli haben. An sieben Stationen wird die Queerness im Tierreich vorgestellt und wir erhielten eine Einführung ins Thema im Museum. Dadurch erhalten wir spannende Zusatzinhalte für unsere Führungen und gleichzeitig machen wir Werbung für ihre Ausstellung. Solche Zusammenarbeiten tragen immer auch zur Wissensvergrösserung und zur Steigerung der Wirkungsgrösse bei.

Auf jeden Fall entsteht immer mehr, wenn man anfängt, diese Vielfalt von Angeboten in der Destination zu kombinieren.

Nico Gurtner

Nico: Auf jeden Fall. Ich denke, dass auf der Ebene der Sichtbarkeit auch relativ rasch Gemeinsamkeiten gefunden und Massnahmen ergriffen werden können. Wir haben für das Quiz am Ende unserer Ausstellung «SUPER» kurzfristig diverse Goodies von verschiedenen Bern-Vernetzer:innen organisieren können und können so auf andere aufmerksam machen. Für das Ökologie Thema kann ich mir auch gut vorstellen, dass wir mal einen Beitrag in unserem Newsletter machen können – im Sinne von «Der Tierpark Bern macht ein tolles Förderungsprojekt für selten gewordene Käferarten, schaut doch unbedingt mal vorbei». Ob daraus dann noch etwas Grösseres entsteht, müssen wir schauen. Auf jeden Fall entsteht immer mehr, wenn man anfängt, diese Vielfalt von Angeboten in der Destination zu kombinieren.

Genau, das ist auch das Ziel vom Bern-Netzwerk. Cornelia, was war denn eigentlich der ausschlaggebende Punkt für den Tierpark Bern, hier jetzt auch einzusteigen? Und Nico, können wir die Erwartungen erfüllen?

Cornelia: Für die neue Tierparkleitung ist es sehr wichtig, explizit solche Gemeinsamkeiten und Plattformen zu suchen und zu leben. Wir retten die Welt nicht von Bern aus, aber wenn wir gemeinsam etwas machen, haben wir viel mehr Chancen, einen guten Beitrag zu leisten, der auch nachhaltig ist. Wir wollen uns regional, national und auch international besser vernetzen und da seid ihr im richtigen Moment an uns herangetreten. Zudem haben wir vielleicht mal eine spezifische Frage, bei der andere Personen aus dem Netzwerk mit ähnlichen Erfahrungswerten und ihrem Wissen uns irgendwie unterstützen können. Dies kann sein in Bezug auf Führungen – was funktioniert besser, was weniger – oder auch im Zusammenhang mit Pricing-Fragen.

Ich denke, wenn man Eier legt, sollte man auch gackern.

Cornelia Mainini

Nico: Das sehe ich auch so. Ein grosser Vorteil ist, dass man die Personen kennt, sie schon mal getroffen hat und deshalb eher auf offene Türen stösst, um eine Frage oder Idee vorzubringen. Es ist nicht so, dass ich jetzt sieben Kooperationsprojekte gestartet habe, aber es entstanden mehrere kleine Sachen und es kamen viele mögliche Anknüpfungspunkte ans Licht. Ich finde es ein tolles Format, sehe vor allem aber auch viel Potenzial. Trotzdem denke ich, dass das Ganze noch etwas reifen und noch mehr ineinandergreifen muss, damit irgendwann das Timing auch stimmt. Ich freue mich sehr darüber, dass das Netzwerk grösser wird, auch wenn es dann schwieriger wird, den Bezug zu allen herzustellen und es passieren kann, dass ähnliche Themen bespielt werden und wir es gar nicht mehr erfahren.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass ihr uns über eure Themen und Projekte informiert – denn nur so können wir den Überblick behalten und euch dabei unterstützen, diese Vernetzungen zu gestalten.

Cornelia: Ja, unbedingt. Ich finde es schade, wenn man Eier legt, dann aber nicht gackert. Wir freuen uns auf jeden Fall hier jetzt dabei zu sein und sind gespannt, was für weitere Netze sich daraus ergeben werden.

Nico: Auf jeden Fall. Dadurch dass man die Personen kennenlernt, zum Beispiel im Rahmen eines Bern-Vernetzer Workshops, weiss man wo man anklopfen kann. Ich habe definitiv neue Sachen entdeckt, die ich sonst nicht auf dem Radar hatte. Die Auswahl der Bern-Vernetzer ist ja sehr vielseitig, mit Akteur:innen aus verschiedenen Branchen, aber genau das erlaubt uns mal um die Ecke zu schauen und uns konkretere Gedanken zu machen, was gemeinsam gemacht werden kann.

Vielen Dank Cornelia und Nico für die Einblicke. Wir freuen uns sehr darauf, die Entwicklung eurer Zusammenarbeit weiter begleiten zu dürfen.

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