Dr Franzos: Mit Napoleons Soldaten Bern kennenlernen

20. Februar 2017

Bern Welcome bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Themenstadtführungen durch Bern an. Seit Mai 2014 nimmt «Dr Franzos» Interessierte mit ins Jahr 1798, als nach der Berner Niederlage in der Schlacht am Grauholz die Stadt von französischen Truppen Napoleons besetzt war.

«Bonjour à tous. Ich möchte mich kurz vorstellen. Ich bin ein ‹grognard›: ein kampferprobter und vor allem schimpfender französischer Soldat.» Diese Begrüssungsworte richtet der Stadtführer Raphael Racine mit französischem Akzent an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Stadtführung von Bern Welcome. Für die nächsten 90 Minuten schlüpft er in die Rolle eines Soldaten, gekleidet in historischer Uniform mit Hut und Tornister, Muskete und Säbel.

Jean Roche Coignet, der als Fusssoldat unter Napoleon Bonaparte nach Bern einmarschiert ist, weiss viel Wissenswertes über Bern zur damaligen Zeit zu berichten. Durch die Kapitulation Berns in der Schlacht am Grauholz am 5. März 1798 wurde die Stadt in den folgenden Monaten von rund 30‘000 französischen Soldaten eingenommen – eine riesige logistische Herausforderung, da zu dieser Zeit gerademal 12‘000 Personen in Bern wohnten. Die Berner Bevölkerung war gezwungen, jeweils mehrere französische Soldaten bei sich in der Wohnung einzuquartieren. Dass dies eine nicht ganz einfache Aufgabe war, gesteht Jean Roche Coignet ein: «Wissen Sie, ich muss um Nachsicht für uns armen Soldaten bitten. Wenn wir uns hier in Bern nicht immer ordentlich benommen haben, je suis désolé.» So galant führt der Soldat auf der Stadtführung vom Kornhauskeller zum Berner Münster in die Junkerngasse und weiter die Gerechtigkeitsgasse hinunter bis zum BärenPark, und unterhält unterwegs mit allerlei Anekdoten.

Viele dieser Geschichten zeugen von einem ausgeprägten Alkoholkonsum der Soldaten. «In Bern fühlten wir uns, was den Alkohol betraf, wie im Paradies. Diese vielen köstlichen Weinkeller!», so schwärmt Jean Roche Coignet noch heute von den damaligen Zuständen.

Jean Roche Coignet plaudert charmant weitere Details aus. So erzählt er beispielsweise, wie die Quartiere in der Altstadt entstanden, wieso die Franzosen dem Gerechtigkeitsbrunnen das Schwert und die Waage stahlen sowie die drei Bären nach Paris entführten, bevor er einen mit einem «merci und au revoir» wieder zurück ins 21. Jahrhundert entlässt.